
30 Wundertüten für die Kleiderkammer
Firmandinnen und Firmanden haben in der Pfarrei St. Franziskus Kleidung für wohnungslose Menschen gesammelt; säckeweise Jacken, Hosen, Hemden und Schuhe kamen so zusammen. Nun haben die Jugendlichen die Spenden beim Caritas-Tagesaufenthalt für wohnungslose Menschen in der Bärenstraße abgeliefert – und mit eigenen Augen gesehen, wie dringend die Kleidung benötigt wird.
FRANKFURT.- Die bunt bedruckten Tüten und Beutel sind gut gefüllt, aus manchen lugt hier und da ein Stück Stoff oder eine Schuhspitze hervor. „Diese Säcke zu öffnen fühlt sich immer an wie eine Wundertüte aufzumachen“, sagt Franziska Schäfer, Einrichtungsleiterin des Caritas-Tagesaufenthalts für wohnungslose Menschen in der Bärenstraße. Zweimal die Woche für zwei Stunden können wohnungslose Männer sich in der Kleiderkammer im Untergeschoss mit Textilien versorgen. Jeder Gast darf drei Teile auswählen, die Regale sind immer schnell wieder leer, gebraucht wird so gut wie alles.
„Vor allem Jacken, feste Schuhe, Shirts und Hosen aus widerstandsfähigem Material, also keine schicken Stoffhosen“, zählt Franziska Schäfer auf. Auch Unterwäsche wird dringend benötigt, neu oder auch getragen. Daran mangelt es eigentlich immer. „Leider scheuen sich viele Menschen, ihre getragenen Unterhosen zu bringen, auch wenn sie noch gut sind. Aber wir brauchen sie!“, sagt die Einrichtungsleiterin.
Firmteam lädt die Säcke aus
Regelmäßig bringen Menschen zu den Öffnungszeiten des Tagesaufenthalts Beutel mit Kleiderspenden. Diesmal haben Pastoralreferent Clemens Weißenberger und sein Firmanden-Team aus St. Franziskus für die Bärenstraße gesammelt. Insgesamt 30 Tüten sind dank großzügiger Spenden aus der Pfarrei zusammengekommen, die die Regale der Kleiderkammer nun zumindest bis zur nächsten Öffnungszeit füllen werden. Hanna (16), Luka (15), Ivica (17) und David (19) helfen Weißenberger, das bis unters Dach gefüllte Auto auszuladen, und tragen die Beutel die Treppe hinunter bis in die Kleiderkammer.
Für die Jugendlichen ist es spannend, einen Blick hinter die Kulissen des Tagesaufenthalts zu werfen. Im Schnitt kommen 130 Gäste pro Tag in die Einrichtung im Ostend. Manche bleiben nur für eine Mahlzeit, andere den ganzen Tag. Hier können sie duschen, ihr Handy laden, den PC benutzen – oder, ganz oldschool, falls nötig auch ein Fax verschicken. „Uns ist es wichtig, die Menschen auch digital zu unterstützen, weil so vieles heutzutage nur noch online geht“, erklärt Franziska Schäfer, die die interessierten Jugendlichen herumführt.
Günstig, aber nicht kostenlos
Wer die 2013 eröffnete Einrichtung betritt, steht unmittelbar im großen Aufenthaltsraum, in dem Gäste an Tischen sitzen, der Fernseher läuft. Daran anschließend befindet sich die Essensausgabe, in der täglich 250 Essen über den Tresen gehen. Günstig, aber nicht ganz kostenlos: 1 Euro kostet das Frühstück, 1,50 Euro das warme Mittag- oder Abendessen. „Dabei geht es um Selbstwert: Die Gäste zahlen und haben so nicht das Gefühl, auf Almosen angewiesen zu sein“, erklärt Franziska Schäfer. Das Essen, das hier zubereitet wird, nennt sie „kreative Küche“: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen morgens ins Kühlhaus, was wir bekommen haben – und dann zaubern sie daraus etwas.“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter holen die Lebensmittel aus Supermärkten, Tankstellen, Firmenkantinen, Tafeln im Stadtgebiet ab – wo immer etwas übrig ist. Nach dem Frankfurt-Marathon wurden kistenweise Bananen gespendet, die von den Läuferinnen und Läufern nicht verbraucht wurden, jetzt gerade gibt es massenhaft Ostersüßigkeiten, die nach den Feiertagen nicht mehr gefragt sind.
In der Kleiderkammer angekommen freut die Firmgruppe aus St. Franziskus sich, dass ihre gesammelten Spenden hier so dringend benötigt werden. Gemeinsam mit den Jugendlichen öffnet Franziska Schäfer die Säcke und Tüten und schaut nach, was sich darin befindet. Dunkle Turnschuhe? Die gehen auf jeden Fall. Ein dicker Pullover? Bestens, der wärmt in den noch immer kalten Frühlingsnächten. Ein taubenblaues Kleid mit Punkten? „Das geben wir weiter an die Frauenkleiderkammer Lisbethtreff in Sachsenhausen.“ Schickere Kleidung wie ein „kleines Schwarzes“ oder einen Anzug reicht das Team der Bärenstraße an den Familienmarkt in Bergen-Enkheim weiter, ebenso wie ein Paar braune Herrenschuhe aus Leder, die zwar schick sind, für das Leben auf der Straße aber nicht geeignet. „Unsere Gäste sind den ganzen Tag auf den Beinen, immer unterwegs, da braucht es gutes, stabiles Schuhwerk“, erklärt Franziska Schäfer den jungen Besucherinnen und Besuchern.
Clemens Weißenberger hat schon oft Kleidung für die Bärenstraße gesammelt, allein mit Firmgruppen waren es in den letzten Jahren 125 Säcke. Für die Jugendlichen ist das ein guter Anlass, sich mit sozialen Fragen auseinanderzusetzen, findet er. So wie für den 19-jährigen David, der – gemeinsam mit seiner Familie – auch eigene Kleidung in die Tüten gepackt hat. Darüber freut sich Franziska Schäfer stellvertretend für ihre männlichen Gäste, denn viele von ihnen sind noch jung und wünschen sich modische Kleidung. Auch wenn das Thema Obdachlosigkeit ihm im Alltag selten begegnet, ist es nicht Davids erste Berührung damit: „Ich habe mal im Projekt ,Stützende Hände‘ mitgeholfen, bei dem rund ums Eschenheimer Tor und im Bahnhofsviertel Essen ausgegeben wird“, erzählt er. Die 16-jährige Hanna hat im Rahmen ihrer Firmvorbereitung freiwillig ein sechstägiges Sozialpraktikum im Familienmarkt gemacht und dort beobachtet, dass Menschen, auch wenn die Waren wenig kosten, genau überlegen müssen, ob sie sich den Kauf leisten können. „Seitdem bin ich noch dankbarer für das, was ich habe und dafür, wie ich lebe“, sagt sie. Nach dem Besuch in der Bärenstraße geht das auch Luka und Ivica so. Und ein bisschen stolz sind sie auch, dass sie mit ihrer Aktion anderen Menschen helfen können.
Der Tagesaufenthalt der Caritas, Bärenstraße 1, nimmt Kleiderspenden ohne Voranmeldung zu den Öffnungszeiten (Montag und Freitag 9.30 bis 15 Uhr, Dienstag bis Donnerstag sowie Samstag von 9.30 bis 18 Uhr) entgegen. Bitte bei der Auswahl der Spendenartikel beachten: In der Kleiderkammer Bärenstraße wird nur Herrenkleidung ausgegeben. Bettwäsche, Decken und Kissen werden nicht benötigt. Auch Geldspenden sind natürlich willkommen. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite.
Kollekte Firmung ging an die Caritas
Jugendliche der Firmvorbereitung 2021/2022 haben caritative Einrichtungen der Stadtkirche kennengelernt (u.a. Sozialpraktikum im Tagestreff der Caritas in der Bärenstraße). So entstand der Wunsch diese Einrichtung zu unterstützen. Jugendliche hatten Kleider gesammelt, die vor den Sommerferien weiter gegeben wurden. Im Firmgottesdienst wurden bei der Kollekte insgesamt € 670,85 gesammelt und jetzt auch übergeben. Weitere Informationen zur Caritasarbeit für Wohnungslose in der Stadt finden sich hier: https://www.caritas-frankfurt.de/ich-suche-hilfe/wege-finden/obdach-und-wohnen/wohnungslos-oder-von-wohnungslosigkeit-bedroht/tagesaufenthalte/tagesaufenthalt-baerenstrasse
Am Frankfurter Berg rollt’s rund - fast
Firmandinnen und Firmanden untersuchen Kirchort auf Barrierefreiheit

14.10.2022 FRANKFURT
Die barrierefreie Toilette im Gemeindehaus ist so groß, dass Sarah, Alicia und Hanna nicht nur zusammen hineinpassen – sie können auch die Arme ausstrecken. „Hier ist definitiv genug Platz, um mit einem Rollstuhl gut zurecht zu kommen“, befinden die drei 16-jährigen Mädchen, die im Rahmen ihrer Firmvorbereitung mit anderen Firmandinnen und Firmanden Kirche, Gemeindehaus, Kita und Büroräume am Kirchort Allerheiligste Dreifaltigkeit am Frankfurter Berg genau unter die Lupe nehmen. Ihre Mission: Herausfinden, ob die Gebäude barrierefrei sind, und ihre Erkenntnisse online auf der Plattform www.wheelmap.org eintragen.
Die gut einstündige Begehung macht Spaß, hat aber einen ernsten Hintergrund. Denn Menschen im Rollstuhl müssen wissen, ob Gebäude für sie zugänglich sind und ob es Toiletten gibt – ansonsten kann ein Besuch dort zur Tortur werden. „Deshalb haben wir die Verantwortung, ehrlich zu bewerten“, sagt Hanna. Und deshalb leisten Plattformen wie Wheelmap einen wertvollen Beitrag zur Barrierefreiheit. Damit ein Gebäude wirklich barrierefrei ist, stellen sich jedoch noch weitere Fragen, zum Beispiel, ob es für seh- und höreingeschränkte Menschen nutzbar ist und ob es Informationen in einfacher Sprache gibt. Bei der Begehung am Frankfurter Berg konzentrieren sich die Jugendlichen lediglich auf die Zugänglichkeit mit dem Rollstuhl.
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Rollstühle, Rollatoren und Kinderwägen willkommen
Die Idee zu der Aktion hatte Pastoralreferent Clemens Weißenberger. „Wir haben bei der Klausur der Stadtkirche im vergangenen Jahr darüber gesprochen, dass es gut wäre, die Frankfurter Kirchen und Gebäude auf ihre Zugänglichkeit für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwägen zu prüfen – und deshalb fangen wir bei uns nun damit an“, erklärt er. Denn die Zahl der älteren und alten Menschen in der Gesellschaft steigt, daher ist das Thema heute wichtiger als je zuvor.
Ein angenehmer Nebeneffekt: Die Firmandinnen und Firmanden lernen ihre Pfarrei auch ein bisschen besser kennen und schauen mal in Ecken, in die sie normalerweise nicht schauen würden. Und sie lernen am Beispiel der Kindertagesstätte Allerheiligste Dreifaltigkeit auch gleich, was Inklusion und Integration bedeutet. „Hat das was mit der Integration von Kindern aus anderen Kulturen zu tun?“, fragt jemand. „Nein, das bedeutet, dass Kinder mit besonderen Bedürfnissen zusammen mit anderen hier in die Kita gehen können und Unterstützung von einer Integrationskraft bekommen, die sich um sie kümmert“, erklärt die stellvertretende Leiterin Rexhina Palumbo.
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Milan hilft mit
In der Kita gibt es aktuell kein Kind im Rollstuhl. Weil auch niemand aus dem Firmteam selbst im Rollstuhl sitzt, hatte die 17-jährige Letizia eine andere Idee: Sie hat zum Termin ihren dreijährigen Bruder Milan und seinen Kinderwagen mitgebracht. Denn auch mit Kinderwagen können Treppen, Türen und andere Bereiche zum Hindernis werden. Das merkt auch der 17-jährige Mirko, der den Anfang mit dem Kinderwagen machen darf – und prompt an der schweren Eingangstür der Kindertagesstätte „strandet“. Diese hat keine automatische Öffnung und geht nach außen auf, was dazu führt, dass Mirko sich ganz schön strecken muss, um die Tür aufzuhalten und gleichzeitig den Kinderwagen hindurchzukriegen. „Ganz schön schwierig allein“, sagt er. Rexhina Palumbo stimmt zu: „Als Mensch, der gehen kann, macht man sich darüber oft nicht so viele Gedanken.“ „Vielleicht kann hier ein elektrischer Türöffner nachgerüstet werden“, überlegt Clemens Weißenberger. „Muss man mal prüfen.“
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Rote Bewertung fürs Gemeindehaus
Immerhin ist die Kindertagesstätte von innen barrierefrei sehr gut zugänglich. Es gibt eine behindertengerechte Toilette im Erdgeschoss, einen Aufzug, der Rollstuhlfahrer in den ersten Stock bringen kann, und keine Schwellen oder Stufen. Auch die Kirche und das Gemeindehaus, das anschließend von den Jugendlichen überprüft wird, kriegt die Note 1 – hier gibt es auch eine automatische Türöffnung. Nur das Pfarrhaus ist mit seinen Stufen und Schwellen alles andere als barrierefrei. „Ich bitte Euch, auch das ehrlich einzutragen“, sagt Weißenberger, der beim Rundgang von Katechetin Melanie Escher unterstützt wird. Das tun die jungen Leute – und sind angetan davon, wie einfach die Infos online eingespeist werden können. „Man muss nur angeben, ob die Orte voll, teilweise oder gar nicht barrierefrei sind, mit einem Ampelsystem“, sagt Alicia.
Wheelmap gibt es seit 2010, die Karten sind mittlerweile in 33 Sprachen verfügbar und enthalten über 1 Million Gebäude, die öffentlich bewertet wurden. Dahinter steht der Verein „Sozialhelden“ des Unternehmens „Immobilien Scout“, auch die „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ von Transparency International Deutschland ist beteiligt.
St. Franziskus, zu der die Allerheiligste Dreifaltigkeit gehört, hat insgesamt sechs Kirchorte, die in den nächsten Jahren nach und nach begangen werden sollen. Für die Firmandinnen und Firmanden war die Teilnahme an der Begehung selbstverpflichtend, die sich der Profi Version entschieden haben. Die Firmvorbereitung findet im aktuellen Jahrgang erstmals in einem modularisierten System statt, so dass die Jugendlichen selbst entscheiden können, ob sie nur die Basis-Veranstaltungen besuchen möchten oder eine der beiden erweiterten Optionen (Plus oder Pro) wählen.