Unser Glaube ist in Frage gestellt

Was bedeutet mir der Glaube? Wer ist Jesus für mich? Glaube ich, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist? Ist er der von Gott gesandte Erlöser der Welt, der Messias? Und wenn ich das glaube, wie wirkt es sich dann auf mein Leben aus? Möchte ich auch andere an diesem Glauben teilhaben lassen, weil er für mich ein wertvoller Schatz ist, der mein Leben bereichert und ihm Sinn und Erfüllung gibt?

Das sind viele Fragen!
In der jetzigen Krise haben wir erfahren, dass Kirche und Glauben nur noch eine nebensächliche Rolle in unserer Gesellschaft spielen.
Der Glaube ist auch schon vor Corona zur Privatsache geworden. Im kulturellen und gesellschaftlichen Leben ist er kaum noch von Bedeutung. Der Glaube wird heute nicht mehr „automatisch“ übernommen und weiter gegeben. Er ist ein Angebot neben vielen Anderen und steht zur Wahl. Jeder Einzelne muss ihn sich persönlich zu Eigen machen, muss sich in Freiheit dazu entscheiden. Das scheint für viele sehr schwer zu sein.
Wie kommt nun ein Mensch zu einem entschiedenen und lebendigen Glauben? Noch immer verlassen wir uns dabei auf die traditionellen Wege. Ein Kind wird getauft, geht mit 9 Jahren zur Erstkommunion und wird als Jugendlicher gefirmt. Diese Sakramente waren früher Höhepunkte auf einem kontinuierlichen Weg der Aneignung des christlichen Glaubens. Solange Leben und Glauben weitgehend deckungsgleich waren, hat das genügt. Heute sind diese Sakramente für viele nur noch punktuelle Ereignisse, die zwar noch dazu gehören, die aber dann im alltäglichen Leben keine große Rolle mehr spielen. In den Jahren zwischen dem Empfang der Sakramente liegt der Glaube brach und so wird ein Mensch erwachsen, der zwar alle christlichen Sakramente empfangen hat, aber dabei nie eine wirkliche dauerhafte Beziehung zu Gott aufgebaut hat.

Der Glaube muss alltäglich gelebt werden. Nur so kann er sich entwickeln und wachsen. Und wir sind nie fertig damit. Auch ich als ausgebildete Theologin muss meinen Glauben immer wieder neu lebendig halten.
Denn der Glaube ist in erster Linie eine Beziehung. Eine Beziehung zu dem mich liebenden Gott. Wie jede Beziehung muss auch die Beziehung zu Gott gepflegt werden. Doch was ist, wenn die Beziehung zwischen Mensch und Gott kaum mehr lebendig ist, wenn der Kontakt irgendwie abgebrochen ist? Wie findet jemand als erwachsener Mensch dann wieder Anschluss? Es reicht nicht aus, jemanden in dieser Situation zu sagen: „Komm doch in die Kirche zum Gottesdienst“ Er wird sich, wenn er es wirklich tut, dabei fremd und verloren vorkommen.
Und seien wir einmal ehrlich. Strahlen wir wirklich etwas aus von der Kraft unseres eigenen Glaubens. Können wir Menschen noch begeistern und in Staunen versetzten mit unserer Frohen Botschaft, die ein unendlicher Schatz ist, den wir aber oft verborgen mit uns herum tragen? Sind wir vielleicht selbst innerlich leer und verunsichert, weil auch wir den Kontakt zu den Quellen unseres Glaubens verloren haben? Müssen nicht auch wir unseren Glauben neu auffüllen um ihn dann weitergeben zu können?
Diese Fragen müssten uns in Zukunft vordringlich beschäftigen.

Gisela Pohl

Gisela Pohl

Gemeindereferentin; BU 50%