Palmsonntag 2020

Palmsonntag – ein schönes Fest, wenn wir uns, oft bei erster Frühlingssonne, im Pfarrhof versammeln und mit Palmzweigen in der Hand das Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem hören.
Der Palmsonntag beginnt mit dem „Hosianna“, doch dann führt er uns sehr bald zum „Kreuzige ihn“, wenn wir nach dem Einzug in die Kirche die Leidensgeschichte Jesu, die Passion, hören. Das ist ein krasser Gegensatz, der uns da zugemutet wird. Zuerst der Jubelruf dann das Todesurteil. Von einem Extrem ins Andere – wie es oft auch in unserem Leben geschieht. Dazwischen scheint es nicht viel zu geben.
Doch selbst in unserer jetzigen Situation erleben wir, dass bei all dem Schrecklichen sich auch gute Seiten aufzeigen. Wir haben mehr Zeit für die Familie, wir kommen zur Ruhe, wenn auch nicht freiwillig, und unserer Umwelt tut der erzwungene Stillstand auch gut.

In unserem christlichen Glauben begegnen uns viele, scheinbare Widersprüche und so manches in unserem Glauben hat sogar etwas Paradoxes an sich. Die vor uns liegende Karwoche zeigt uns dies ganz deutlich:
Wir feiern eine Bußzeit, die österlich ist. Wir erwarten das Reich Gottes, das schon begonnen hat. Wer der Größte sein will, sei der Diener aller. Wer weniger hat, kann doch mehr haben und wir sprechen vom Geheimnis unseres Glaubens: im Tod ist das Leben.

Die bekannte, christliche Autorin Andrea Schwarz schreibt dazu:
Mit den Texten des Palmsonntags werden wir hineingenommen in die Spannung zwischen dem Ruf: Hosianna und dem darauf folgenden. „Kreuzige ihn“.
So ist es auch oft in unserem Leben. Wir bemühen uns mit viel Idealismus und Engagement um ein erfülltes Leben und dann werden unsere Pläne durchkreuzt. Die Realität ernüchtert uns und Träume werden jäh gestoppt. Aus der Begeisterung des Neubeginns fallen wir in das Loch des Scheiterns und der Hoffnungslosigkeit.
Mein persönlicher Einzug in Jerusalem ist nicht viel anders, als der vor zweitausend Jahren: Aus Jubel und Triumph, der Bewunderung der Menge, dem scheinbaren Sieg und Erfolg, wird schlagartig Zweifel und Angst, Schuld und Versagen, Verlassenheit und Anklage. Wir erleben es immer wieder in unserem Leben: Aus dem „himmelhoch jauchzend“ kann sehr schnell ein „zu Tode betrübt“ werden. Und ich brauche gar nicht erst darauf zu warten, dass andere mich ans Kreuz schlagen wollen – ich selbst weiß ja am besten, wie das geht.

(Siehe: Andrea Schwarz, Eigentlich ist Ostern ganz anders – Hoffnungstexte; Herder-Verlag)

Gisela Pohl

Gisela Pohl

Gemeindereferentin; BU 50%